Annedore Leber als Publizistin
Autorin – Herausgeberin – Verlegerin
Nach dem 2. Weltkrieg beginnt Annedore Leber eine Karriere als Publizistin und Politikerin. In beiden Rollen arbeitete sie aktiv am Aufbau eines demokratischen deutschen Staates mit.
Von April 1946 bis Oktober 1950 ist sie Lizenznehmerin und Mitherausgeberin der Berliner Tagesszeitung Telegraf; eine der wichtigsten Tageszeitungen im Berlin der Nachkriegszeit. Zeitgleich gibt sie von Oktober 1947 bis Juli 1949 im eigenen Verlag das Monatsblatt „Mosaik“ heraus. Darin fordert sie vor allem Frauen auf, sich politisch einzumischen und Deutschland wieder aufzubauen.
Ab 1952 veröffentlicht Annedore Leber eine Reihe von Büchern, mit denen sie den Widerstand gegen die NS-Herrschaft bekannt und sein Vermächtnis für die Nachkriegsdemokratie nutzbar machen will. Sie verlegt politische und biografische Werke, um „an die positiven Strömungen…, die durch Terror und Propaganda nicht zu ersticken waren“ anzuknüpfen und zum Nachdenken anzuregen, “wer von den Menschen, die uns vorausgingen, uns Orientierung auf unserem weiteren Weg sein kann.“ 1
Zudem gibt sie Kinder- und Jugendbücher heraus, die zu Demokratie und Toleranz erziehen sollen, sowie pädagogische und Bücher zur Berufsbildung. Dabei erscheinen einige Werke – etwa zum Thema „Rassen, Gruppen, Vorurteile und Erziehung“ – erschreckend aktuell.
In der Einleitung zu einem Verlagsprogramm aus den späten 1950er Jahren beschreibt Annedore Leber ihre Motivation:
„Mit unseren Büchern möchten wir zu einer demokratischen Bewußtseinsbildung beitragen. Sie sollen dazu anregen, über die unveräußerlichen Werte von Wahrheit, Freiheit und Gerechtigkeit nachzudenken und verdeutlichen, daß wir ohne Humanität nicht existieren können.
Dies umschließt die geistige Auseinandersetzung mit der jüngsten Vergangenheit und ihren gegensätzlichen Erscheinungen von Unrecht und Widerstand. Gegenwart und Zukunft verlangen hier klare Entscheidungen. Sie fordern auch von der jungen Generation Urteilsvermögen und die Erkenntnis, daß jeder einzelne, für den Weg, den sein Volk geht, persönliche Verantwortung trägt.
Das dafür notwendige Wissen möchten ihr unsere Bücher vermitteln. Gleichzeitig stellt sich die Frage nach der Erziehung zu demokratischen Lebensformen. Da hierin eine stetige und vielfältige Aufgabe zu sehen ist, pflegen wir auch das Buch pädagogischer Art, das sich an Schule, Elternhaus oder sonstige Jugenderzieher richtet.
Ebenso ist unsere Berufsschriftenserie aus der grundsätzlichen Erwägung entstanden, daß die Gesellschaft, die sich zuverlässige Staatsbürger wünscht, auch fähig sein muß, zunächst dem jungen Menschen einen festen beruflichen Rückhalt zu geben.“ 2
Eine Ausstellung des Arbeitskreises „Lern- und Gedenkort Annedore und Julius Leber“ beim Stadtteilverein Schöneberg e. V., Mai 2017
Alle Ausstellungstafeln als pdf (3 MB)
Fußnoten:
¹ Annedore Leber, Freya Gräfin von Moltke: Für und wider. Entscheidungen in Deutschland 1918 – 1945. Berlin – Frankfurt/Main 1961. Einbandtext.↩
² Nachlass Julius und Annedore Leber, Bundesarchiv Koblenz, N 1732/25. Hierfür entnommen aus: Frauke Geyken: Wir standen nicht abseits. Frauen im Widerstand gegen Hitler. München (Verlag C.H. Beck) 2014. S. 317, Fußnote 37.↩