Die Kohlenhandlung von Annedore und Julius Leber war ein Ort des zivilen Widerstandes gegen den Nationalsozialismus und in der Nachkriegszeit gab Annedore Leber hier die ersten Bücher zum Thema Widerstand heraus. Ziel des Arbeitskreises ist es, am historischen Ort einen Lern- und Gedenkort aufzubauen, in dem an die Menschen erinnert werden kann, die dort ein und aus gingen. Hier soll über die Ereignisse und ihre Hintergründe informiert, gemeinsames Lernen aus dieser Vergangenheit ermöglicht und das Gebäude soll zum Treffpunkt bei Bildungsarbeit, Veranstaltungen oder beim Kaffee im Geschichtskiosk werden.

Ehemalige Kohlenhandlung von der
Torgauerstr. aus gesehen.
Das Gebäude der ehemaligen Kohlenhandlung am südlichen Rand der Roten Insel ermöglicht einen einzigartigen Zugang zum Thema Ziviler Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Sichtbare Spuren der Vergangenheit auf der gesamten historischen Parzelle wurden in die Parkplanung integriert und können so als „widerständige“ Objekte der Geschichte in der Gegenwart wirken. Die Topografie kann als Leitfaden für die Gestaltung dienen und damit augenfällig die stadträumlichen Bezüge zum ehemaligen Gaswerk und Arbeiterkiez erhalten. Die ehemalige Kohlenhandlung und der Verlag können wirkungsvoll als ein Ort des Widerstands gegen den Zeitgeist und gegen die Verdrängung des Widerstands verstanden werden, indem er zu den nahegelegenen historischen Erinnerungsorten in Bezug gebracht wird, die für jeweils unterschiedliche Aspekte der Herrschaft des Nationalsozialismus stehen: SAGefängnis Papestraße, Schwerbelastungskörper, Kammergericht am Kleistpark (Ort von Schauprozessen des Volksgerichtshofs), das Denkmal im Bayerischen Viertel und die Dauerausstellung „Wir waren Nachbarn“ im Rathaus Schöneberg sind hier zu nennen. Im Rahmen der „Schöneberger Schleife“ ist der Ort nicht nur durch S-Bahn und Bus gut zu erreichen, er liegt auch direkt an neuen innerstädtischen Wegeverbindungen.
Künftige Nutzung
Information
Am Lern- und Gedenkort müssen Informationen bereitgehalten werden, die vermitteln, unter welchen Bedingungen sich im Nationalsozialismus zivilgesellschaftlicher Widerstand entwickelte und mit anderen Formen des Widerstands zum Umsturzversuch des 20. Juli 1944 verbündete. Nach dem Krieg gingen von der Verlagstätigkeit Annedore Lebers an diesem Ort frühe Impulse zur positiven Erinnerung an die Widerstandskämpfer aus. Deshalb verbindet sich mit ihm auch die anhaltende Verdrängung des Nationalsozialismus und die Nichtachtung des Widerstands in der jungen Bundesrepublik. Zugleich werden das große persönliche Engagement und die Lebensleistungen von Annedore und Julius Leber gewürdigt. Die Informationen müssen jederzeit leicht zugänglich sein und für alle Zielgruppen differenziert angeboten werden. Jenseits organisierter Bildungsarbeit kann der Ort in einer Grünflächenanlage eine alltägliche Auseinandersetzung mit Widerstand und seiner Bedeutung für die Demokratie heute ermöglichen
Bildung
Der Lern- und Gedenkort Annedore und Julius Leber lädt ein zum gemeinsamen Lernen an positiven Facetten der deutschen Geschichte und zur Auseinandersetzung mit Konzepten politischen, gesellschaftlichen und kulturellen Gegenhandelns sowie dessen Begründungen, Umsetzungen und Institutionalisierung. Sein Gegenstand ist damit nicht nur die Vergangenheit, sondern auch die Reflektion der Gegenwart für die Zukunft. Dabei sollen das Gebäude und das Gelände selbst zum Gegenstand für individuelle Entdeckungen und gezielte Bildungsarbeit werden. Durch sensible und nutzungsgerechte Instandsetzung und durch künstlerische Interventionen werden hier die Spuren der Geschichte sinnlich erfahrbar gemacht. Dem gemeinsamen Lernen und der Auseinandersetzung mit den angesprochenen Inhalten müssen die angebotenen Informationen ebenfalls dienen.
Begegnung
In deutlicher Differenzierung zu einer normalen Grünfläche soll der Ort nicht nur zum Verweilen einladen, sondern auch Treffpunkt sein und Versammlungsmöglichkeiten für gezielte Bildungsarbeit sowie Veranstaltungen zu kulturellen und historischen Themen bieten. Dies gilt für den Außen- als auch den Innenraum. Ein kleiner Geschichtskiosk mit Informationen, aber auch mit kleinem gastronomischem Angebot erhöht die Aufenthaltsqualität und die Attraktivität des Ortes deutlich.
Gestaltung
Die Kenntlichkeit des Ortes und das Gebäude als Kubus müssen erhalten bleiben und dürfen nicht zerstört werden. Die künstlerische Gestaltung sollte sich daher auf die bis heute überlieferten Spuren der baulichen Geschichte des Ortes beziehen und sie in ihren Schichten erkennbar machen. Dazu zählen insbesondere das von Annedore Leber im Wiederaufbau 1950 errichtete Bürohäuschen, die alte Mauer mit dem kleinen (heute zugemauerten) Tor, die beiden Zufahrten auf das Gelände, aber auch die Topografie des Grundstücks mit dem Plateau und seiner prägnanten Stützmauer an der Gotenstraße und nicht zuletzt das durch vielfache Ausbesserungen entstandene Bild unterschiedlicher Pflasterungen.
Bis zur Entscheidung über das weitere Vorgehen bleiben das Haus und sein direktes Umfeld, die dazugehörige Mauer an der Straße sowie die alte Einfahrt unangetastet. Eine fachgerechte Bau- und Bodenuntersuchung wurde inzwischen vom Bezirk durchgeführt. Weitergehende Fragen betreffen die Instandsetzung und die Gestaltung des Hauses entsprechend dem Nutzungs- und Informationskonzept.
Die Konzeption für den „Lern- und Gedenkort Annedore und Julius Leber“ (pdf, 5110 kb. Stand: 2014)
Diese Konzeption wir zur Zeit überarbeitet, bald wird hier eine neue, stark veränderte Fassung zu finden sein.