Den Anfang der Weimarer Republik erlebte Julius Leber als Leutnant der Reichswehr. Er war einer der wenigen Offiziere, die sich beim Kapp-Putsch unter hohem persönlichen Risiko gegen die Putschisten für die neue Republik einsetzte. Die Republik verteidigte er auch nach Verlassen der Reichswehr: als Journalist und Redakteur des Lübecker Volksboten, als Politiker in Lübeck und als Reichstagsabgeordneter in Berlin. In den letzte Jahren der Weimarer Republik wurde er zum leidenschaftlichen Gegner der Nationalsozialisten.
Die Weimarer Republik
Die Niederlage des Deutschen Reichs im Ersten Weltkrieg führte zur Novemberrevolution von 1918 und der Abschaffung der Monarchie. Die neue parlamentarische Demokratie, die aus dieser Entwicklung hervorging, wurde vor 100 Jahren mit der Verabschiedung der „Weimarer Verfassung“ etabliert. Die verfassungsgebende Versammlung tagte ab Januar 1919 fern der Unruhen in Berlin in Weimar. Die Verfassung sah ein Verhältniswahlrecht vor und übernahm das allgemeine, gleiche, geheime und direkte Wahlrecht für alle von 1918. Seither existiert das Frauenwahlrecht in Deutschland.
Am 19. Januar 1919 konnten Frauen zum ersten Mal in Deutschland reichsweit wählen und gewählt werden, als die Wahlen zur verfassungsgebenden Nationalversammlung abgehalten wurden. Die ersten Reichstagswahlen fanden am 6. Juni 1920 statt. Bereits zu diesem frühen Zeitpunkt zeigte das Ergebnis, dass die für die Republik eintretenden Parteien keine Mehrheit erlangen konnten. Nicht nur außerhalb des Parlaments mussten sich die Befürworter der Republik dem Druck radikaler Kräfte von Links und Rechts erwehren.
Der Reichstag wurde als gesetzgebendes Organ alle vier Jahre neu gewählt. Die parlamentarische Arbeit fand im Wesentlichen in den neuen ständigen Ausschüssen statt. Das Parlament bestimmte jedoch nicht den Reichskanzler, der direkt vom Reichspräsidenten ernannt wurde. Die Wähler stimmten alle sieben Jahre direkt über den Präsidenten ab. Als Staatsoberhaupt hatte er wesentlich mehr Befugnisse als die heutigen Bundespräsidenten. So konnte er beispielsweise den Reichstag auflösen. Der erste Reichspräsident war Friedrich Ebert, dem 1925 Paul von Hindenburg folgte.
Die erste schwere Bedrohung der jungen Demokratie war der so genannte Kapp-Putsch von 1920. Durch einen großen Generalstreik, der die gesamte öffentliche Versorgung zum Erliegen brachte, und Widerstand aus der Ministerialbürokratie wurde dieser Versuche, die Reichsregierung zu stürzen, innerhalb von vier Tagen zerschlagen.
Hasspropaganda hatte einen wesentlichen Einfluss auf die zahlreichen Politiker-Attentate der 1920er-Jahre. Der ehemalige Finanzminister Matthias Erzberger, der eine grundlegende Steuerreform eingeleitet hatte, fiel 1920 einem Mordanschlag von Rechtsextremen zum Opfer. Im Jahr 1922 wurde der amtierende Außenminister Walther Rathenau in seinem Wagen in Berlin erschossen, nachdem er jahrelanger antisemitischer Hetze ausgesetzt gewesen war. Die Beisetzung fand am 27. Juni 1922 statt und wurde zu einem Bekenntnis für Republik und Demokratie. Wie in Berlin, wo sich 400.000 Menschen im Lustgarten versammelten, wurden die Trauerfeierlichkeiten für Rathenau auch in zahlreichen anderen Städten von Massendemonstrationen begleitet. Das neue „Gesetz zum Schutz der Republik“ war eine Folge des Rathenau-Attentats. Es wurde jedoch von der konservativen, häufig republikfeindlichen, Richterschaft und Justiz vor allem gegen Linksextreme und nicht gegen Rechtsextreme angewandt.
Den von Krisen und Aufständen gezeichneten Anfangsjahren der Republik und einer Hyperinflation folgten nach der Währungsreform vom November 1923 eine Beruhigung der politischen Lage und ein wirtschaftlicher Aufschwung. Die Massenmedien, vor allem die Zeitungen, entfalteten sich ab Mitte der 1920er-Jahre mit bis dahin ungekannten Auflagen und großer Vielfalt, da die Zensur entfallen war. Der Rundfunk wurde eingeführt und die Filmindustrie blühte auf. In wenigen Jahren entstand eine neue kulturelle und von der Moderne geprägte Kunst- und Kulturbewegung.
In den Verträgen von Locarno, bei denen der Nachfolger Rathenaus, Gustav Stresemann, verhandelte, stand die Friedenssicherung in Europa im Zentrum. Durch die deutsche Anerkennung der Westgrenze konnten die Beziehungen zu Frankreich normalisiert werden. Deutschland wurde kurz darauf außerdem Mitglied im Völkerbund und war damit nicht mehr international isoliert.
In der Sozialpolitik waren die Förderung des Wohnungsbaus durch die öffentliche Hand und die Einführung einer Arbeitslosenversicherung 1927 Meilensteine. Durch die schwere Weltwirtschaftskrise von 1929 fand die wirtschaftliche Konsolidierung der jungen Republik jedoch ein jähes Ende. Die Anfeindungen der Demokratie aus dem rechten und linken Lager trugen nun wesentlich zur Erosion der Weimarer Republik bei. In den Jahren bis 1930 regierten wechselnde Koalitionen und Minderheitsregierungen, die dann durch Präsidialkabinette abgelöst wurden. Letztere regierten mit einer Notverordnung und wurden vom Reichspräsidenten Hindenburg ernannt. Zu den entschiedenen Gegnern der Republik gehörte die Deutsch-Nationale Volkspartei (DNVP). Das Gleiche galt für die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD). Sie strebte die Errichtung einer sozialistischen Rätediktatur nach sowjetischem Vorbild an. Der rassistischen und rechtsideologischen Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) gelang erst Anfang der 1930er-Jahre der Aufstieg zur stärksten politischen Kraft im Parlament (1932). Sie konnte jedoch ebenfalls nie eine parlamentarische Mehrheit bei freien Wahlen erringen.