
130 Jugendliche haben sich wochenlang auf diesen Tag vorbereitet. In ihrer Aufführung „Brücke für die Zukunft / Pont pour l’avenir“ tanzen französische und deutsche Schülerinnen und Schüler im Veranstaltungssaal des deutsch-französischen Kulturzentrums Art’Rhena auf der Rheininsel bei Breisach. Mit der Methode „Dance to Connect“ der New Yorker Tanzgruppe Battery Dance Company – Tanz als Mittel der Völkerverständigung – haben die Jugendlichen die Choreografien erarbeitet. Der Tanz soll die Menschen links und rechts des Rheins verbinden, so wie die Brücke sie verbindet, die an diesem Tag den Namen von Julius Leber erhält.

Julius Leber wurde 1891 im elsässischen Dorf Biesheim geboren und konnte ab 1902 die Großherzogliche Höhere Bürgerschule auf der badischen Rheinseite in Breisach besuchen. Jeden Schultag ging er über die Rheinbrücke und die Einflüsse der französischen und deutschen Kultur prägten sein Leben. Später kritisierte er als Journalist und Politiker nationalistische, völkische und rechtsextreme Politik. Und er warb für eine Aussöhnung zwischen Frankreich und Deutschland – und sah im Elsass die „Brücke“ dafür. Als Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus opfert er 1945 sein Leben für Demokratie, Freiheit und Recht.
Die Namensgebung
Zur feierlichen Namensgebung laufen die Schülerinnen und Schüler mit Schirmen in den deutschen und französischen Farben über die Brücke. Sie kommen aus französischen Schulen im Elsass und aus deutschen Schulen, darunter die Julius-Leber-Schule und das Martin-Schongauer-Gymnasium – früher eine Realschule, die Julius Leber besuchte. Auf der Brücke und dem Vorplatz des Art’Rhena drängen sich viele Zuschauer und Beteiligte bei der Enthüllung der Namenstafel der Brücke.

Die Brücke als Verbindung zwischen Frankreich und Deutschland, dieses Motiv nehmen auch die Bürgermeister aus Biesheim und Breisach in ihren Ansprachen zur Brückenbenennung auf. Gérard Hug, der Bürgermeister von Biesheim ist der Gastgeber, da die Rheininsel zu Frankreich gehört. Der Breisacher Bürgermeister Oliver Rhein betont, dass man 80 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges keinen besseren Namen für die Brücke wählen konnte als den von Julius Leber, der als Widerstandskämpfer auch heute ein Vorbild für uns ist. Er erinnert noch mal daran, dass die gemeinsame französisch-deutsche Initiative für diesen Namen vom Bundesverkehrsministerium zunächst abgelehnt wurde. Doch die Gemeinden Biesheim und Breisach ließen sich davon nicht beirren und bestanden auf diesem Namen. Trotz der Verzögerungen konnten sie sich damit durchsetzen.

Der Regierungspräsident Carsten Gabbert wies darauf hin, dass Julius Leber vor allem gegen die völkische Ideologie des Nationalsozialismus gekämpft hat. Aufgrund dieser Ideologie hat der Verfassungsschutz die AfD vor kurzem als gesichert rechtsextrem eingestuft. Die Brücke, die den Namen Julius Lebers trägt, soll Länder verbinden und steht somit gegen das Trennende dieser Ideologie.
Dr. Christiane Walesch-Schneller vom Blauen Haus Breisach erinnert daran, dass die Nationalsozialisten im Oktober 1940 über die Rheinbrücke die badischen Juden in das südfranzösische Internierungslager Gurs deportierten. Die meisten von ihnen wurden später in Auschwitz ermordet. Das Blaue Haus Breisach ist eine Gedenk- und Bildungsstätte für die Geschichte der Juden am Oberrhein. Eines seiner Projekte ist die „Brücke für die Zukunft/Pont pour l’avenir“, in dessen Rahmen wurde auch die Tanzperformance organisiert.




Die Brücke erinnert nun alle, die sie überqueren, an Julius Leber. 1925 schrieb er im Lübecker Volksboten: „Heute ist das Elsass eine Schranke zwischen Deutschland und Frankreich, morgen soll es eine Verbindungsbrücke zwischen beiden sein.“1 Solch eine Brücke ist jetzt auch die Julius-Leber-Brücke, die „Pont Julius Leber“.
1„Die Brücke. Eine Mission des Elsaß.“ von Julius Leber im Lübecker Volksboten vom 3. Juni 1925)