Vor 70 Jahren gründete sich die Deutsche UNESCO-Kommission und bald danach, am 13. Oktober 1950, konstituierte sich das Berliner Komitee für UNESCO-Arbeit. Es ist der älteste UNESCO-Club in Deutschland. Annedore Leber war Gründungsmitglied von beiden Organisationen: der Deutschen UNESCO-Kommission und des Berliner Komitees.1 Die UNESCO ist die Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft und Forschung, sie fördert die internationale Verständigung und Zusammenarbeit in diesen Bereichen und trägt dadurch zur Erhaltung von Frieden und Sicherheit bei. Ein zentrales Anliegen für Annedore Leber. Das Berliner Komitee ist einer der UNESCO-Clubs, die in über 100 Ländern helfen, die Ziele und die Arbeit der UNESCO vor Ort sichtbar zu machen. Es feiert am 13. Oktober 2020 sein 70-jähriges Jubiläum und dazu erscheint eine Festschrift, in der auch Annedore Leber gewürdigt wird.
Annedore Leber gehörte dem Vollzugsausschuss der Deutschen UNESCO-Kommission an. Sie leitete jahrelang deren Publikationsausschuss und war Mitglied im Ausschuss für Information. Im Berliner Komitee für UNESCO-Arbeit war sie von 1950 bis 1965 stellvertretende Vorsitzende. Sie setzte sich im Berliner Komitee für die Einrichtung von UNESCO-Kindertagesstätten in Mariendorf und Dahlem ein. Damit sollten Kinder im Vorschulalter die Möglichkeit erhalten, mit Kindern aus anderen Nationen aufzuwachsen. Leider scheiterte das Projekt an der Finanzierung. Das Berliner Komitee entwickelte internationale UNESCO-Schülerseminare und thematisierte in Ausstellungen das Thema Menschenrechte. Für das Komitee erarbeitete Annedore Leber 1953 eine Denkschrift über Die Lage der Kinder und Jugendlichen in den Berliner Flüchtlingslagern.2 Dabei ging es vor allem um Flüchtlinge aus der sowjetischen Besatzungszone. Ihre Situation wurde kritisch beschrieben und Verbesserungsvorschläge dazu entwickelt.
Ein außergewöhnliches Engagement
Nicht nur bei der UNESCO zeigte sich das außergewöhnliche Engagement und die klaren Ziele von Annedore Leber. Sie war Politikerin und Publizistin. Sie führte die Kohlenhandlung von Julius Leber weiter und setze sich als Vorsitzende des Vereins für Handwerkliche Lehrstätten in Berlin-Britz für Jugendliche ein. Daneben war sie Mitglied des Personalgutachterausschusses für die Bundeswehr und Vorstandsmitglied der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit. Allen ihren Tätigkeiten ist gemeinsam, dass sie sich besonders für Frauen, Jugendliche und Kinder einsetzte. Sie wollte zu einer demokratischen Bewußtseinsbildung beitragen, die auf einem klaren Urteilsvermögen und persönlicher Verantwortung beruht.3
In ihrem Mosaik-Verlag gab Annedore Leber auch Bücher für Kinder und Jugendliche heraus, mit dem Ziel nach der Barbarei des Nationalsozialismus junge Menschen zu eigenständigem Denken zu erziehen und zur internationalen Verständigung beizutragen. In einem ihrer Bücher Der Weltgarten errichten Kinder aus vielen unterschiedlichen Ländern gemeinsam einen blühenden Garten. Das Buch wurde nach Orginalunterlagen der Vereinten Nationen erstellt.4
Nach dem Tod von Annedore Leber am 28. Oktober 1968 veröffentlichte die Deutsche UNESCO-Kommision einen Nachruf für Annedore Leber. Er endet mit mit den Worten, dass die Kommission ein Mitglied verloren habe, das nicht selten ein über die physischen Kräfte hinausgehendes Engagement bewies. In die Trauer um ihren Tod mischt sich der bleibende Respekt vor einer bewundernswerten Frau.5
Egon Zweigart
Wir danken dem Berliner Komitee für UNECO-Arbeit und besonders seinem Ehrenvorsitzenden Prof. Dr. Klaus Hüfner, dass wir das Gründungsprotokoll und den Nachruf auf Annedore Leber hier zeigen können.
1 Siehe dazu. „70 Jahre UNESCO-Arbeit in Berlin – 1950 bis 2020“. Hg. Berliner Komitee für UNESCO-Arbeit e. V. , 2020, S 7-11. Download der pdf-Datei auf https://www.unesco-berlin.de/news/1/594853/nachrichten/70-jahre-unesco-arbeit-in-berlin.html
2 Die Lage der Kinder und Jugendlichen in den Berliner Flüchtlingslagern. Bearb. von Annedore Leber, W. Hoffmann-Harnisch, Heinz Nowak. Berliner Komitte für UNESCO-Arbeit e.V., 1953.
Zu finden in der Berlin-Sammlungen der Zentral- und Landesbibliothek unter B 949/9.
3 Nachlass Julius und Annedore Leber, Bundesarchiv Koblenz, N 1732/25. Hierfür entnommen aus: Frauke Geyken: Wir standen nicht abseits. Frauen im Widerstand gegen Hitler. München (Verlag C.H. Beck) 2014. S. 317, Fußnote 37
4 Annedore Leber (Hg.): Der Weltgarten, ein großer Plan für alle Kinder. Textgestaltung: Walter May und Werner Hinz. Berlin – Frankfurt / Main: Mosaik-Verlag 1953.
5 Unesco-Dienst Nr. 21, 1968, S. 1